Aus der Erde an die Wand

Lehmbauen oder besser gesagt Lehmgatschen? Mit Lehm bauen stellt man sich gelegentlich so vor, dass man einen Sack mit einer geprüften, genormten Lehm/Sandmischung mit einer exakten Körnung für den jeweiligen Anwendungsfall nimmt und mit Wasser anrührt. Meist noch mit einem mechanischen Zwangsmischer, wie er im Lehmbau üblich ist.

Bei uns läuft das, wie so vieles, etwas anders. Anstelle von Säcken mit Lehmpulver aus dem Geschäft nehmen wir Spaten und Schubkarre um nach dem geeigneten Material in der Erde Ausschau zu halten. So ist im Laufe der vergangenen 10 Jahre ein tiefe Grube entstanden, aus der wir nicht nur baufertigen Lehm, sondern auch Sand zum Verputzen und Ton zum Töpfern entnehmen. Zum Glück ist Mutter Natur da sehr sorgsam und hat vor einigen Millionen Jahren das Material in der Gegend durch das Meer sortenrein abgelagert. Das ist schon mal der erste Ansatz um uns mit den Schichten zu befassen. Der feinste Anteil liegt zu unters, ortsüblich als Opock bezeichnet handelt es sich um graue Tonflöze, die erdfeucht bereits zum Plastizieren geeignet sind. Darüber liegt eine Lehm/Sand Mischung, die wir für den Grobputz meist mit Stroh als Zuschlagsstoff verwenden. Und zu guter Letzt liegt der Sand, der gerade so wie er ist, gesiebt wird und als Lehmfeinputz verwendet werden kann. Die oberste Schicht im Sedimentationsprozess ist der Humus.

Um den Unterschied der drei verschiedenen Komponenten auch ins Erlebnis zu bringen, rühren wir von jeder Sorte einen Kübel an. Schnell wird erkennbar, dass Sand nicht sehr stabil bleibt und aus dem grauen Ton sich wunderbar Kugeln formen lassen.

Mit dieser ersten Erfahrung machen wir uns an die Arbeit und setzen die erste Stroh/Lehm Mischung an. Das Anrühren ist „Knochenarbeit“ bis das ganze Stroh mit dem Lehm ein einheitliches Gemenge gebildet hat. Wieviel Wasser müssen wir zu geben, damit die Masse auch an der Wand kleben bleibt? Abhängig von der Erdfeuchte des Lehms ist unterschiedlich viel Wasser nötig. Zuviel Wasser setzt sich nach dem „Mauken“ an der Oberfläche ab. Zu wenig Wasser lässt die Masse nicht geschmeidig werden. All das lernen wir im Tun und kommen schnell dahinter, wie das Gemenge beschaffen sein muss um auch dick aufgetragen an der Wand zu bleiben und nicht auf dem Boden zu landen. Aber keine Angst, auch der Lehm, der nicht an der Wand bleibt, kann wieder verwendet werden. So entsteht wie von selbst bei jedem ein Probieren und wie man so schon sagt „Learning by doing“. Das einzige was bei einem „Fehler“ verloren geht, ist  der Aufwand. Dafür gewinnt man ein Stück Erfahrung.

Nach einigen Tagen beginnt die Wand zu leben. Vereinzelt keimen die verbliebenen Körner aus dem Stroh und machen die Wand zu einer senkrechten Wiese.  Wenn alle Halme ausgetrocknet sind, ist der Lehm an der Wand auch trocken und kann mit Sand/Lehm Gemisch fein verputzt werden. Eine weitere Trocknungsphase ist nötig. Mit Lehmfarbe wird zweimal gestrichen und unsere alten Gemäuer erstrahlen in neuem Glanz.

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